In dieser Reihe möchte ich euch Bücher vorstellen, die mich unglaublich fasziniert, berührt und begeistert haben.
#3 “Schiffbruch mit Tiger” von Yann Martel
Nachdem ich vor ein paar Monaten den Film “Life of Pi”, die Verfilmung des Romans, gesehen hatte, war ich wie elektrisiert. Aber ich wusste ebenfalls augenblicklich, dass ich auf der Stelle das Buch lesen wollte, welches hoffentlich all meine offenen Fragen klären könnte. Und so versank ich die letzten Tage erneut im fiktiven, aber deshalb nicht minder bewegenden Schicksal von Piscine Molitor “Pi” Patel.
Pi ist ein indischer Junge, der Freude am Leben und an der Religion hat. Seine Eltern führen einen Zoo, und er ist fasziniert von den Tieren. Aufgrund der politisch unsicheren Lage und der finanziellen Not des Zoos beschließen seine Eltern jedoch eines Tages, nach Kanada auszuwandern und dort neu anzufangen. Die Tiere werden an Städte auf der ganzen Welt verkauft und überqueren im selben Schiff wie die Familie den pazifischen Ozean. Bis der Dampfer sinkt. Alle sterben, bis auf Pi, ein Tiger, ein Orang-Utan, ein Zebra und eine Hyäne, die sich alle ein kleines Rettungsboot teilen. Bald sind nur noch Pi und der Tiger am Leben und ein siebenmonatiger Kampf ums Überleben beginnt.
Mit viel Feingefühl und großem Einfühlungsvermögen beschreibt Martel, wie Pi Verzweiflung, Wut, Angst und Trauer durchleidet. Er zeichnet mit seinen Worten einen Menschen, der fast den Verstand verliert und im Kampf ums Überleben immer mehr zum Tier wird – und das so gut, dass man fast selbst meinen könnte, man säße in diesem Boot. Trotz der tragischen Geschichte gibt es aber dennoch sehr viele lustige oder hoffungsvolle Stellen. Obwohl der Großteil der Geschichte auf dem offenen Meer spielt und den zermürbenden und harten Alltag eines Schiffbrüchigen beschreibt, ist jedes der 100 Kapitel so lebendig und spannend geschrieben, dass ich es in zwei Tagen durchlesen musste.
Wie bereits beim Film ist natürlich auch beim Roman das Ende am Interessantesten. Wie zu erwarten war, raubte es mir den Atem und ließ mich lange schlaflos zurück. Kritiker meinen, dieser Roman ist eine Kritik der rationalen Wissenschaft und ruft dazu auf, gläubiger zu werden. Für mich persönlich geht es eher um Psychologie, um post-traumatische Belastungsstörungen und wie wir als Menschen mit unaussprechlich tiefen Krisen fertig werden. Es geht um die tiefste Verzweiflung, die man durchleiden kann, und wie man sie überlebt. Nicht viele Bücher haben mich so zum Weinen gebracht, und daher sind meine Tränen das sicherste Zeichen für eine ernsthaft gemeinte Empfehlung.
P.S.: Nachdem ich “Schiffbruch mit Tiger” gestern um ein Uhr nachts fertig gelesen hatte, war ich so aufgewühlt, dass ich mich erst mal mit etwas leichterer Kost besänftigen musste. Meine Wahl fiel auf “Der Teufel trägt Prada” von Lauren Weisenberger – und seitdem kann ich es nicht mehr aus der Hand legen, obwohl ich den Film schon mindestens 5 Mal gesehen habe.
Am Interessantesten finde ich, dass es überall diese Bezüge zur Realität gibt, schließlich war Weisenberger Anna Vintours persönliche Asssistentin und hat die Erfahrungen dieses Knochenjobs in ihrem Roman verarbeitet. Durch diverses Recherchieren bin ich gerade ein bisschen besessen von Wintour – seit 1988 Chefredakteurin der amerikanischen Vogue (und das als Britin!) und damit die mächtigste Frau im Fashion-Olymp, um die sich so unendlich viele Gerüchte ranken. Am Faszinierensten finde ich allerdings, dass sie seit gefühlt immer schon ihren blonden Bob trägt und er auf jedem Foto perfekt aussieht und dass sie einfach schon 65 (!!!) Jahre alt ist. Sieht sie nicht keinen Tag älter aus als 39?!
Wie dem auch sei – ich will aufgrund meiner Obsession so bald wie möglich die Dokumentation “The September Issue” schauen, die sich mit der Entstehung der Septemberausgabe der amerikanischen Vogue im Jahr 2007 beschäftigt und große Einblicke in die VOGUE Redaktion sowie in Anna Wintours Privatleben gibt. Aber das alles nur am Rande. Ich wünsche euch noch einen schönen Dienstag!
Foto von Anna Wintour via Pinterest
Ich habe Schiffbruch mit Tiger sehr gemocht. Den Film fand ich dann nicht ganz so herausragend. Vielleicht, weil ich das Buch zuerst las. Eine tolle Rezension.
Danke für deine Meinung! 🙂 ich fand das Buch auch besser, obwohl ich den Film zuerst gesehen habe. Danke für deine lieben Worte! 🙂