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Schlittschuhfahren, endlich wieder. Ich wage vorsichtig einen Fuß auf das Eis. Kämpfe ums Gleichgewicht, fühle mich unsicher und nicht wie ich selbst. Bis ich mitgerissen werde von den Lichtern, der Musik und deiner Hand. Zusammen ziehen wir unsere Bahnen. Atmen. Abstoßen. Und schweben.

Vor meinem Auslandssemester in Lyon habe ich mir viele Gedanken über diese Erfahrung gemacht. Ich hatte Angst davor, allein auf mich gestellt und überfordert von der Entfernung zu sein. Und jetzt ist es fast vorbei. Die Ängste von damals – nur noch vage Erinnerungen. Stattdessen bleibt mir eine wunderbare Zeit, in der ich mich in eine Stadt und in so viele neue Freunde verliebt habe.

Knie beugen, Gewicht nach vorne verlagern, und dann fliegen wir auch schon. Ich fühle mich frei. Stumm gleiten wir durch die bunten Lichter, mit einem Lächeln auf den Lippen. Kindheitserinnerungen werden durch neue Gedanken abgelöst, und ich lache laut auf. Atmen. Abstoßen. Und schweben.

Wir schreiben den Dezember des Jahres 2015, das Semester ist fast vorbei. Erst hatte ich solche Angst, herzukommen. Jetzt habe ich wahnsinnige Angst davor, für immer zu gehen. Das hätte ich früher nie für möglich gehalten – ich dachte, ich könnte eine schöne Zeit in Lyon verbringen und wieder gehen, ohne einen allzu großen Teil meines Herzens hier zu lassen. Doch bei jeder alltäglichen Handlung wird mir bewusst, wie naiv das war. In der letzten Woche höre ich bei jeder dieser Handlungen die Worte flüstern, die ich so sehr fürchte. Ich werde nie wieder durch die Straßen meiner Nachbarschaft streifen, mit Einkaufstüten in den Armen oder auf dem Weg zu einer Verabredung. Ich werde nie wieder süße Chocolatier-Cafés auf dem Weg ins Kino entdecken, mit einem Croissant zwischen den Fingern an der Rhône entlang spazieren. Nie wieder die Metro zur Uni nehmen oder durch die dicke Holztür gehen, um nach Hause zu kommen. Vor fünf Tagen ist diese Tür zum letzten Mal zugefallen. Ich bin hier nicht mehr zu Hause. Alles was mir bleibt, sind Erinnerungen in einer weißen Schachtel.

Dabei will ich jetzt nicht mehr vom Eis runter, jetzt wo es am Schönsten ist. Jetzt wo ich mich sicher fühle, wo ich Spaß habe und das Gefühl, dass ich noch so viel mehr entdecken will.

Ich habe keine Angst mehr zu fallen.

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